Direkt zum Inhalt

Ergebnisse

  1. Bürgerbeteiligung ÖPNV (Mobilitätswoche)
  2. Bürgerbeteiligung Radverkehr
  3. Ergebnisse der Befragung zur Verkehrsmittelwahl in der Stadt Nordhausen
  4. Bürgerbeteiligung Fußverkehr

Mobil sein geht auch ohne Auto – Ergebnisse der Mobilitätswoche in Stadt und Landkreis Nordhausen

In unserer „Mobilitätswoche“ vom 13. bis 17. September 2021 konnten Bürgerinnen und Bürger sowie Besucherinnen und Besucher des Landkreises erleben, was eine Veränderung des Angebotes im Öffentlichen Personennahverkehr bewirken kann: ohne Auto kostengünstig und flexibel unterwegs sein! Neben einem erweiterten Fahrplan mit abendlichen Zusatzfahrten auf den Buslinien 20, 27 und 241 boten die Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH ein vergünstigtes Sonderticket für „1 Euro“ je Fahrt in ihrem Tarifgebiet an. Die nun vorliegende erste Auswertung der Ergebnisse zeigt keinen eindeutigen Trend auf:

Sonderticket

Das 1-€-Ticket wurde in der Mobilitätswoche gut angenommen (vgl. Tabelle 1). Es konnten knapp 2.500 im Bereich des Nordhäuser Stadtverkehrs und ca. 1.800 im Regionalverkehr verkauft werden. Damit liegen die Verkaufszahlen an Fahrscheinen insgesamt über dem Durchschnitt (Referenzwoche Juni 2021) aber das Vorpandemie-Niveau konnte noch nicht erreicht werden. „Wir gehen davon aus, dass Fahrgäste, die den ÖPNV sonst eher selten nutzen, das Angebot nun vermehrt genutzt haben. Dabei zeigt eine statistische Tendenz, dass das 1-€-Ticket anstatt Einzelfahrten oder 4-Fahrten-Karten gekauft wurde. Die Steigerung der Ticketverkäufe lag mehr im Regionalverkehr, da hier die höchste Einsparung gegenüber dem Normaltarif zu erzielen waren. Zudem werden Menschen, die normalerweise den Öffentlichen Nahverkehr nicht nutzen Gebrauch von dem Angebot gemacht haben, was sich auch auf die Steigerung der Ticketverkäufe ausgewirkt hat. 

Zusätzliches Fahrplanangebot

Das verstärkte Fahrplanangebot in den Abendstunden, welches vor allem auf den Kultur- und Freizeitverkehr ausgerichtet war, wurde jedoch eher verhalten angenommen. Hier waren im Schnitt durchschnittlich 2 bis 3 Nutzer/innen je Fahrt unterwegs. Gründe hierfür könnten der kurze Zeitraum der Aktion, die derzeit noch veränderten Verhaltensweisen in Punkto individueller Mobilität sowie mögliche begleitende Kulturveranstaltungen vor Ort vor dem Hintergrund der Pandemie sein. Festzustellen bleibt, dass die Mobilitätswoche mit den Aktionen eines verbilligten Tickets und des erweiterten Fahrplans das Thema Mobilität und ÖPNV stärker in den Mittelpunkt gerückt hat, aber der Angebotszeitraum für belastbare Aussagen oder das Ablesen von erkennbaren Tendenzen zu kurz war.

„Bus-Gespräche“

An drei unterschiedlichen Orten im Landkreis (Bleicherode, Heringen/Helme und Nordhausen) konnten die Menschen im Rahmen von „Bus-Gesprächen“ ihre Sicht genauso wie ihre Ideen zum Öffentlichen Nahverkehr einbringen.

Es kristallisierte sich dabei ein deutlicher Unterschied zwischen den einzelnen Standorten heraus. So wurden am Wochenmarkt in Bleicherode mehrheitlich Personen angetroffen, die bereits Nutzer von Bus und Bahn sind und die derzeitigen Fahrpreise als angemessen empfinden. Im Gegensatz dazu wurden auf dem Supermarkt-Parkplatz in Heringen/Helme vermehrt Gespräche mit Nichtnutzern des ÖPNV geführt, die einen negativen Eindruck, inkl. zu hoher Fahrpreise, haben. Am dritten Standort auf dem Bahnhofsplatz in Nordhausen war das Bild sehr gemischt und die Anteile zwischen denen, die den ÖPNV bereits in ihren Alltag integriert haben, und denen die auf individuelle Mobilität mit dem Auto setzen in etwa gleich. Auch wenn einige Personen von den Vorteilen des ÖV überzeugt werden konnten und diese versprachen den Umweltverbund in Zukunft mehr für ihre Fahrten zu nutzen, schien der Großteil der Befragten an allen Standorten sehr gefestigt in ihrer Meinung zum ÖPNV zu sein. Das heißt, entweder waren sie enthusiastische Nutzer oder überzeugte Nicht-Nutzer des ÖPNV. Hierzu gehört auch, dass die bisherigen ÖV-Anbindungen des Landkreises an die Kreisstadt und die Bemühungen der Verkehrsbetriebe für ein umfassendes und modernes Fahrtenangebot als gänzlich positiv beschrieben wurden. Tangentiale Verbindungen zwischen den einzelnen Orten und Städten des Landkreises und verstärkte Anbindungen an große Arbeitgeber der Region fehlten jedoch vielen Gesprächsteilnehmenden. Auffällig oft wurde genannt, dass die Einrichtung von Werkverkehren zum Erreichen von Tagesrand-Schichten oder eine Ausweitung der Rufbusse eine deutliche Verbesserung darstellen würden.

Es war deutlich wahrzunehmen, dass neuartige, innovative Formen der Mobilität, wie z. B. nachfrageorientierte Fahrten, entfernungsbasierte Fahrpreise oder eine Verknüpfung mit internetbasierten Applikationen, bisher keine große Bedeutung zugemessen wird. Sie könnten in Zukunft dennoch weitere Verbesserungen für die Fahrgäste darstellen. Hier gilt es von den Verkehrsbetrieben weiterhin eine Vorreiterrolle einzunehmen, die gerne angenommen wird.

Mobilitäts-wocheReferenz-wocheVorpandemie-werte Sept 2019 errechnet
StadtLand-kreisGesamtStadtLand-kreisGesamtStadtLand-kreisGesamt
Verkaufte
Fahrscheine
6.9872.0909.0775.6521.0556.7077.6441.6809.324
Mobilitäts-
Ticket
2.4951.7554.250000000
Einzel-
FS
2.8471553.0023.6196714.2905.4351.1116.546
4-Fahrten-
karten
1.4121551.56717033472.0501.9585012.459
Wochen-
karten
174181922072823525069319

Tabelle 1: Verkaufte Fahrscheine Mobilitätswoche und zum Vergleich Referenzwoche 2021 und Vorpandemiewerte September 2019 (Quelle: VBN)

Fotos: © IBA Thüringen

#thüringen #nordhausen #landkreisnordhausen #NDHbewegtsich #ibathueringen

nach oben


Mobilitätskonzept – Workshop Radverkehr gab Startschuss für Thema „Radfahren“

Am Samstag, 14. Mai 2022, startete der zweite Teil des gemeinsamen Integrierten Mobilitätskonzeptes für die Stadt und den Landkreis Nordhausen. Bei den einzelnen Themenblöcken sind die Bewohnerinnen und Bewohner aufgerufen, ihre Meinungen und Anregungen im Rahmen von Bürgerbeteiligungsprozessen aufzuzeigen. Nach dem Thema „ÖPNV“ im Herbst 2021, sind die Nordhäuserinnen und Nordhäuser jetzt aufgerufen, über die derzeitigen Stärken und Schwächen sowie die eigenen Wünsche und Möglichkeiten für die Zukunft des Radverkehrs im Stadtgebiet Nordhausen offen zu diskutieren. Hierzu bildete der moderierte Workshop am Samstag im Ratssaal des Nordhäuser Bürgerhauses den Start. Die Ergebnisse werden protokolliert und fließen nach weiteren Diskussionsrunden und nach Abwägung der Belange aller Verkehrsträger am Ende in das Integrierte Mobilitätskonzept für eine stadt- und landkreisverträgliche Mobilität ein.

Dabei brachten die Anwesenden im moderierten Workshop viele Punkte zur Gegenwart und Zukunft zu Papier. Allein 56 Rückmeldungen führten Punkte zu den Herausforderungen des gegenwärtigen Fahrradverkehrs wieder, beispielsweise zu wenig Radwege, kein vollkommen zusammenhängendes Radwegenetz, den Zustand sowie die Ausmaße der Radwege, Konflikte mit Fußgängern bei gemeinsamer Nutzung von Geh-/Radwegen und vieles mehr.

Der folgende „Zeitsprung“ bot erste Ansätze für ein Leitbild eines fahrradfreundlichen Nordhauens 2040. Die artikulierten 36 „Visionen“ beschreiben ein noch nicht abschließendes Bild von der autofreien Innenstadt Nordhausens, von geschwindigkeitsreduzierten Miteinanderstraßen und der gemeinsamen Nutzung der Straßen bei Tempo 30. Darüber hinaus soll in 18 Jahren die Verkehrsinfrastruktur für Räder weiter verbessert werden, d.h. Anbindung des Umlands sowie der Ortsteile an die Kernstadt, gepaart mit durchgängigen Fahrradwegen, Stellplatzanlagen mit erweiterten Angeboten in der Innenstadt (Lademöglichkeiten, Reparaturservice) und Fahrradstellanlagen in den Wohnquartieren. Lastenräder übernehmen dann die Aufgaben des Lieferverkehrs, so die „Visionen“.

Workshop als Startschuss für „Anradeln“ und „Ideenfinder

Direkt im Anschluss gaben Landrat Matthias Jendricke und Bürgermeisterin Alexandra Rieger den Startschuss für die Aktion „Anradeln“. Bei dieser Mitmach-Initiative können Nordhäuserinnen und Nordhäuser auf der Internetseite www.ndhbewegtsich.de ihre geplanten Radfahrten mit Daten, Uhrzeiten und Strecken eintragen und so Mitradlerinnen und Mitradler finden. Vorteile des gemeinsamen Radelns in den Wochen vom 14. Mai bis 3. Juni sind mehr Sichtbarkeit und Sicherheit im Verkehr, der Austausch von Wissen zu Strecken und Radtechnik sowie die Vernetzung untereinander. So sollen sich Gleichgesinnte für das Freizeitradeln oder den gemeinsamen Weg zur Arbeit, Hochschule oder Schule finden.

Gleichzeitig gibt es über einen Ideenmelder auf der Internetseite die Möglichkeit, bei Bedarf Rückmeldungen zur Radinfrastruktur in Stadt und Landkreis zu geben, um so Ansatzpunkte für Verbesserungen aufzuzeigen.

Fotos: © team red und Stadtverwaltung Nordhausen

#thüringen #nordhausen #landkreisnordhausen #NDHbewegtsich #ibathueringen

nach oben


Erhebung der Verkehrsmittelwahl in der Stadt Nordhausen:

Hintergrund

Im Rahmen der Erarbeitung des integrierten Mobilitätskonzepts sollte eine repräsentative Befragung der Bevölkerung spezifische Hinweise zum Mobilitätsverhalten der Stadt Nordhausens liefern. Hierfür wurden 3.000 Bürger zwischen 18 und 80 Jahren per zufällig gezogener Einwohnermeldeamtsstichprobe eingeladen. An der Befragung beteiligten sich letztlich 406 Personen (= 14%). Die nachfolgenden Ergebnisse können als repräsentativ für die Stadt Nordhausen angesehen werden.

Verkehrsmittelverfügbarkeit

Die Dominanz des Autos als Verkehrsmittel kann abgeleitet werden aus seiner Verfügbarkeit: 87% steht „jederzeit“ ein Pkw zur persönlichen Nutzung zur Verfügung, 91% der erwachsenen Bürger besitzen einen Führerschein. In 48% der privaten Haushalte steht ein Pkw bereit, in 34% sind es zwei, in 10% drei und mehr Pkw. Nur 8% der Haushalte sind „autofrei“ (siehe Abbildung 1). Zum Vergleich: Ein fahrbereites Fahrrad steht 73% der Bürger zur Verfügung, ein E-Bike 21% (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Verfügbarkeit von Pkw im Haushalt © team red

Verkehrsmittelnutzung und „Modal Split“

Die meisten Wege der Bürger Nordhausens werden „per pedes“ bzw. mit dem Pkw und zurückgelegt: Jeweils 46% gehen täglich Wege zu Fuß oder nutzen einen Pkw .

Fahrrad fahren 14% täglich, öffentliche Verkehrsmittel nutzen lediglich 5%. Dieser vergleichsweise niedrige Wert hängt stark mit der Corona-Situation im Befragungszeitraum zusammen, wie Abbildung 2 verdeutlicht.

Die Dominanz des Autos als Verkehrsmittel kann abgeleitet werden aus seiner Verfügbarkeit: 87% steht „jederzeit“ ein Pkw zur persönlichen Nutzung zur Verfügung, 91% der erwachsenen Bürger besitzen einen Führerschein. In 48% der privaten Haushalte steht ein Pkw bereit, in 34% sind es zwei, in 10% drei und mehr Pkw. Nur 8% der Haushalte sind „autofrei“ (siehe Abbildung 1). Zum Vergleich: Ein fahrbereites Fahrrad steht 73% der Bürger zur Verfügung, ein E-Bike 21% (siehe Abbildung 1).

Abbildung 2: Verkehrsmittelnutzung © team red

Die Pkw-Fahrenden wurden zusätzlich nach den Wegezwecken gefragt. 70% der Autofahrer legen (werk)täglich den Weg zur Arbeit bzw. zur Ausbildungsstelle mit dem Pkw zurück, weitere 15% zumindest einmal pro Woche. Seltener wird der Pkw für Einkaufs- und Besorgungsfahrten bzw. für Freizeitwege genutzt (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Wegezwecke bei Pkw-Nutzung © team red

Aus den angegebenen Nutzungshäufigkeiten errechnet sich die Verkehrsmittelwahl („Modal Split“) für die Stadt Nordhausen. 38% aller Wege entfallen auf den motorisierten Individualverkehr (Pkw, Motorrad, Motorroller) als Fahrer, weitere 11% auf Mitfahrer. Damit werden etwa die Hälfte aller Fahrten und Wege der Nordhäuser Bevölkerung überwiegend im Pkw zurückgelegt, die anderen Hälfte mit Verkehrsmitteln des so genannten „Umweltverbunds“: 31% Fußverkehr, 15% Radverkehr (Fahrrad und E-Bike) und 5% öffentlicher Verkehr (ÖV) (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: „Modal Split“ für die Stadt Nordhausen © team red

Im Vergleich mit dem Bundesland Thüringen insgesamt fallen der vergleichsweise große Anteil an mit dem Rad zurückgelegten Wegen und der etwas geringere MIV-Anteil auf, was sich aufgrund der städtischen Struktur erklären lässt. Die Ursache des vergleichsweise geringen ÖV-Anteils 2022 wurde bereits mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet, die bei dieser Verkehrsart deutschlandweit zu den größten Veränderungen geführt hat.

Zukünftige Pkw-Nutzung und mögliche Alternative

Etwa ein Viertel der Bürger, die mindestens einmal in der Woche den Pkw nutzen, beabsichtigen die Pkw-Nutzung zukünftig zu verringern. Weitere 46% würden dies gerne, sehen aber keine realistische Möglichkeit hierfür. Unter den Erwerbstätigen liegt dieser Anteil mit 53% sogar noch höher (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Veränderungsbereitschaft Pkw-Nutzung – Erwerbstätige © team red

Unter den „Veränderungswilligen“ befinden sich mehr Frauen als Männer (siehe Abbildung 6).

Abbildung 6: Veränderungsbereitschaft Pkw-Nutzung – nach Geschlecht © team red

Für diejenigen Bürger, die beabsichtigen, ihre zukünftige Pkw-Nutzung zu verringern, kommen vor allem das Fahrrad (für 63%), öffentliche Verkehrsmittel (60%) sowie ein Pedelec / E-Bike (40%) in Frage. (Abbildung 7)

Abbildung 7: Alternativen zum Auto © team red

Car-Sharing kommt nur für eine Minderheit von 7% grundsätzlich in Frage, für weitere 31% „vielleicht“, für 59% „auf keinen Fall“. Allerdings ist das Potenzial unter Jüngeren (unter 35 Jahre) deutlich höher als unter Älteren. (siehe Abbildung 8)

Abbildung 8: Car-Sharing als mögliche Alternative © team red

Voraussetzungen für umweltfreundlichere und nachhaltigere Mobilität

Ein recht klares Bild ergeben die Antworten auf die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sich die Bürger umweltfreundlicher und nachhaltiger im Verkehr verhalten. Vor allem mehr bzw. bessere Radwege (59%), günstigere Fahrkartenpreise (57%), mehr ÖV-Verbindungen (43%) und Radabstellmöglichkeiten (36%) stehen im Forderungskatalog ganz oben, wie Abbildung 9 verdeutlicht.

Abbildung 9: Voraussetzungen für umweltfreundlichere und nachhaltigere Mobilität © team red

So überrascht es wenig, dass die meisten Befragten auf die offene Frage nach Anregungen, Verbesserungsvorschlägen und Ideen zum Thema Mobilität (siehe Abbildung 10) sich am häufigsten „mehr bzw. besser ausgebaute Radwege“ wünschten, gefolgt von „günstigeren Fahrkarten“, einer „ÖV-Taktverdichtung“ sowie einem generellen „ÖV-Ausbau“.„vielleicht“, für 59% „auf keinen Fall“. Allerdings ist das Potenzial unter Jüngeren (unter 35 Jahre)

Abbildung 10: Anregungen, Verbesserungsvorschläge und Ideen zum Thema Mobilität © team red

Fazit

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass der Pkw von Einheimischen auch in einer Stadt mit kurzen Entfernungen zu Einkauf, Dienstleistung und Freizeitzielen dominiert. Sie belegen aber gleichzeitig die große Bedeutung des Fußverkehrs, der leider nicht entsprechend wahrgenommen wird, und die steigende Bedeutung des Fahrrads als genutztes Alltagsverkehrsmittel. Die häufig geäußerte Einschätzung, dass Nordhausen aufgrund seiner Topographie keine Fahrradstadt werden kann, stimmt mit dem Verkehrsverhalten der Bürger offenkundig nicht überein. Und mit weiter zunehmender Marktdurchdringung von elektrisch unterstützten Fahrrädern wird sich die Bedeutung des Radverkehrs sicherlich noch erhöhen. Entscheidend für die künftige Verkehrsmittelwahl ist, dass der Fuß- wie der Radverkehr „bessere“, d.h. eigenständige, sichere Wegeflächen bereitgestellt bekommen, was von den Befragten ausdrücklich gewünscht wird.

Zwei Faktoren trugen dazu bei, dass öffentliche Verkehrsmittel im Frühjahr 2022 eher selten genutzt wurden: Neben den Folgen der coronabedingten Warnungen vor einer Nutzung von Bahnen und Bussen führte die 2021 erfolgte Umstellung des Straßenbahntaktes von 10 auf 15 Minuten zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Es kann nur spekuliert werden, dass sich diese Verärgerung auf die individuelle Verkehrsmittelwahl ausgewirkt hat.

Eine einzelne Befragung kann trotz seiner statistischen Genauigkeit kein allgemeingültiges Bild abgeben. Welche mittelfristigen Folgen die Corona-Pandemie auf Verkehrsmittelwahlentscheidungen hat bzw. wie sich die gestiegenen Mineralölpreise auf die Pkw-Nutzung auswirken werden, kann nur mit einer (oder mehrerer) methodisch identischer Erhebungen in den nächsten Jahren aufgezeigt werden.


#thüringen #nordhausen #landkreisnordhausen #NDHbewegtsich #ibathueringen

nach oben


„Geh zu Fuß so oft es geht“ – Fußverkehrschecks offenbaren gute Voraussetzungen, aber zahlreiche Mängel

© team red

Mit diesem Plakat warben Stadt und Landkreis an verschiedenen Stellen für den dritten Öffentlichkeitsbeteiligungsbaustein des integrierten Mobilitätskonzepts für die Stadt und den Landkreis Nordhausen. Am 16. und 17. Juni bestand für die Bewohner in Bleicherode und Nordhausen die Möglichkeit, konkrete Mängel im Rahmen zweier öffentlicher Fußverkehrschecks zu benennen und mit Fachleuten konkrete Lösungsmöglichkeiten anzusprechen. Zusätzlich bot ein thematischer Workshop die Chance, umfassender über Fragen des Fußverkehrs zu diskutieren.

Anker und Treffpunkt bildete eine von der Sparkasse Nordhausen finanzierte mobile Bank. Sie diente während des Rundgangs in Bleicherode als Impuls, wo Bänke im Straßenraum nach Ansicht der Teilnehmer fehlen – zum Ausruhen, Aufladen von Handys mittels Photovoltaik („Powerbank“), aber auch zum „Knetschen“.

Die rote Mobilitätsbank © Landratsamt Nordhausen

Problematische Verhältnisse für Rollatoren in Bleicherode

In der ehemaligen Bergbaustadt standen Seniorinnen und Senioren im Fokus des öffentlichen Fußverkehrschecks. Sie sind vielfach mit Rollatoren oder elektrisch angetriebenen Rollstühlen unterwegs. Lob gab es für die vorbildliche Absenkung der Gehwege an der Kirchstraße Ecke Wallstraße / Mauerstraße, doch stellt diese Gestaltung nach Ansicht der Anwesenden eher eine Ausnahme im Zentrum von Bleicherode dar. Viele Teilnehmerinnen bemängelten neben den Höhenunterschieden zwischen Gehweg und Fahrbahn an zahlreichen Kreuzungen eine unzureichende Barrierefreiheit im Bereich von Geschäften des Einzelhandels. Gefahrenstellen wie glatte oder defekte Gehwegplatten sowie fehlende Fußgängerüberwege wurden auch von Jüngeren thematisiert, während die Betagteren sich Ruhebänke an der Käthe-Kollwitz-Straße zwischen Marktplatz und EDEKA wünschten. Weiteres wichtiges Ziel der älteren Generation bildet die AWO-Begegnungsstätte, in dessen Umfeld sich die erwähnten Probleme kumulieren. Als Lösung für Straßen mit historischem Pflaster diskutierten die Anwesenden Asphaltquerstreifen oder geglättete Pflasterstreifen, wie sie in anderen Orten des Landkreises bereits umgesetzt wurden.

Nach Beendigung des Fußverkehrschecks kam noch eine lokale Kitagruppe auf ihrem täglichen Spaziergang am Zierbrunnen vorbei und nahm die Bank begeistert in Beschlag.

Engagierte Kinder- und Jugendparlamentarier geben zielgruppenspezifische Hinweise

Beim Schulfußverkehrscheck in Nordhausen begleiteten uns lediglich zwei Betroffene des Wilhelm-von-Humboldt-Gymnasiums, die aber umso engagierter Problemsituationen ansprachen. Deren Quelle-Ziel-Wege unterscheiden sich in Teilen deutlich von denen anderer Gehenden.

Fußverkehrscheck in Nordhausen © team red

So müssen Schülerinnen und Schüler zwischen der Sporthalle an der Münzgasse und dem Mittelstufengebäude des Gymnasiums die Barfüßerstraße überqueren, was angesichts parkender Fahrzeuge sowie der gefahrenen Kfz-Geschwindigkeiten als gefährlich gilt. Diskutiert wurden ein Parkverbot vor der Querungsstelle, ein vorgezogener Gehweg im Bereich der Münzgasse und / oder ein landläufig als „Zebrastreifen“ bezeichneter Fußgängerüberweg.

Kinder ertrampeln sich im Bereich von Schulen und Spielplätzen direkte Strecken als so genannte informelle Verbindungen. Dies sind meist Beispiele dafür, dass die Fußverkehrsplanung falsche Prioritäten gesetzt hat. Neben dem Ausbauwunsch eines Trampelpfads zum Petersberg sprachen die Vertreterinnen zahlreiche problematische oder fehlende Fahrbahnquerungen an, etwa auf der Stolberger Straße zwischen Töpferstraße und Dr. Robert-Koch-Straße, auf der Blasiistraße, am Kreisverkehr Kornmarkt / Rautenstraße und auf der Töpferstraße in Höhe Käthe-Kollwitz-Straße. Zu hohe Fahrgeschwindigkeiten des Kfz-Verkehrs waren ihnen ebenso ein „Dorn im Auge“ wie Eltern, die mit ihren Pkw auf der Domstraße nach Schulschluss zu Fuß gehende Schülerinnen und Schüler gefährden („Mamataxen von Helikoptereltern“).

Die Strecke Salza – Innenstadt ist gehbar, wenn…

Auf dem Weg von Salza über die Bochumer Straße zur Wassertreppe und beim Rückweg über Barfüßerstraße und Am alten Tor fielen den Mitgehenden beim öffentlichen Fußverkehrscheck vorrangig Kleinigkeiten auf, die auf dieser Nordhäuser Relation die Attraktivität des Zu-Fuß-Gehens in Summe aber deutlich schmälern. Dazu zählen unebene Gehwegbereiche, abblätternde oder fehlende Bodenmarkierungen, Einengungen oder zugeparkte Flächen vor Querungshilfen. Manchmal fehlen auch nur kurze Fußwegabschnitte wie über den REWE-Parkplatz an der Martin-Niemöller-Straße oder zwischen Martin-Niemöller-Straße und dem „Fußweg ohne Namen“ parallel zur Trasse der Harzer Schmalspurbahnen bis zu dessen Querung.

Fußverkehrscheck in Salza © Stadt Nordhausen

Oder ein Weg entlang der Zorge westlich unterhalb der Gerhard-Hauptmann-Straße. Eine Problematik dürfte mit dem geplanten Umbau der Bochumer Straße lösbar sein, nicht aber auf dem Abschnitt Barfüßerstraße Altes Tor: Dass viele Fahrradfahrende aus Unwissenheit, Sicherheitsbedenken oder aufgrund der Fahrbahnqualität Gehwege statt die entsprechenden Fahrbahnen nutzen. Dieses Verhalten wird bei entsprechender Fahrweise von vielen Fußgängerinnen und Fußgängern toleriert, führt aber insbesondere an Engstellen neben Gefahren zu einiger Verärgerung.

Eine Reporterin der Thüringer (Nordhäuser) Allgemeine begleitete diesen Check und stellte in einem Beitrag nebst Kommentar vom 20. Juni 2022 die Bedeutung des Fußverkehrs als eigenständige Verkehrsart heraus.

Alle Anmerkungen der Fußverkehrschecks wurden strukturiert nach Ort, Thema / Anregung, lokaler Örtlichkeit, Situationsbeschreibung sowie Maßnahmen / Lösungsmöglichkeiten deutlich detaillierter in eine Excel-Tabelle übertragen und an die lokalen Verantwortlichen weitergeleitet.

Auch ungünstig errichtete Wartehallen auf normalbreiten Gehwegen oder fehlende Bänke in Nordhausen belegen, wie wichtig ein „Kümmerer“ vor Ort wäre – egal, ob als Fußverkehrsbeauftragter, als Teil der Verwaltung oder als Ehrenamtler.

Fotos: © team red, Stadt Nordhausen und Landratsamt Nordhausen

#thüringen #nordhausen #landkreisnordhausen #NDHbewegtsich #ibathueringen

nach oben